Mittwoch, 7. September 2011

Thomas Lachat: Meine Begegnung mit Urs Dickerhof und Hans Stöckli am 8. August 2011

Hans Stöckli und Urs Dickerhof
Hans Stöckli (l) Urs Dickerhof (r)

Urs Dickerhof wohnt in einem Haus aus dem Jahre 1790, in dem schon ein Enkel von Louis XIV gewohnt haben soll; dort treffen sich der bald 70-jährige Künstler und ehemalige Direktor der Bieler Schule für Gestaltung und der bald 60-jährige Ständeratskandidat und ehemalige Bieler Stadtpräsident Hans Stöckli.

Das Haus ist schön eingerichtet, voller Kunstschätze und Kunst von Freunden Dickerhofs; überall bleibt der Blick hängen angesichts dieser kostbaren Zeugen künstlerischen Schaffens.

Was mir zuerst auffällt: Beide Männer wirken einige Jahre jünger als sie sind, beide blicken auf ein reiches Leben zurück und beide wollen es auch weiterhin wissen: Hans Stöckli will in den Ständerat einziehen, und Urs Dickerhof wird bald wieder ein Buch herausgeben.

Urs Dickerhof erzählt Hans Stöckli von seinem faszinierenden Leben, von den vielen Stationen und natürlich von den beiden „B’s“, den Städten mit den vier Buchstaben – Biel und Bern –, in denen er viel bewirkt hat. Urs Dickerhof ist ein Künstler, der Menschen mit seinen Bildern und Texten auf andere Gedanken bringen will, zum Reflektieren und eigenständigen Denken anleiten will. Auf mich wirkt Urs Dickerhof sehr bescheiden.

Was die beiden gemeinsam haben? Sie sind Brückenbauer: Hans Stöckli dank seiner Zusammenarbeit mit aufgeklärten Bürgerlichen und Urs Dickerhof dank seines Kontakts mit spannenden Menschen, ob sie nun Mitglied des Rotary Clubs oder der SP sind.

Urs Dickerhof erzählt von früheren Zeiten in Biel, von seinen ehemaligen und heutigen Weggefährten; er lässt vor dem inneren Auge des Zuhörers die Plastik-Ausstellungen, die Foto-Tage, das CentrePasquArt und seine Vision eines Zentrums für Kunst, eines offenen Kunsthauses in Biel entstehen. Hans Stöckli fragt immer wieder nach, er will am präzisen Blick seines Gegenübers teilhaben.

Die Diskussion der beiden dreht sich um die schnelllebige Zeit, in der wir uns für nichts mehr richtig Zeit lassen. Zu ihrem Leidwesen werde oft nach wenigen Sekunden oder Sätzen über die Qualität von Kunst entschieden. Das Gespräch zwischen Urs Dickerhof und Hans Stöckli ist angeregt, verläuft spannend, geht in die Tiefe. Sie sprechen über Kunst im öffentlichen Raum, falsche Sparübungen der Politik, die der Kulturstiftung Pro Helvetia und der Kultur im allgemeinen schaden, über Kultur, die von der Politik oft als unbequem, als unnötig empfunden wird, das übertriebene Controlling und die Unterdrückung, die inzwischen „schlimmer als im real existierenden Sozialismus“ sei. Immer wieder hört man in der Diskussion die Forderung: Mehr Souveränität für die, die wissen!

Auf die Frage von Hans Stöckli, was von Urs Dickerhof in Erinnerung bleiben werde, meinte dieser: Die 28 Jahre an der Schule für Gestaltung hätten ein grosses Bild entstehen lassen, und es wäre schön, wenn dies in den Studenten weiterleben würde. Jetzt wolle er noch einige Ausstellungen machen, zwei weitere Bücher seien in Planung und er sammle Material für ein neues Bilderprojekt. Wichtig sei ihm dabei, sich nichts mehr aufzwingen zu lassen.

Urs Dickerhof ist sichtlich stolz darauf, dass „seine“ Schule für Gestaltung nie eine Schule im engeren Sinne, sondern eher ein Atelier gewesen sei.

Nach diesem Gespräch stelle ich fest: Der Wandel des kulturellen Schaffens ist offensichtlich, aber der dauernde Wandel der Rahmenbedingen für dieses Schaffen wird erst auf den zweiten Blick sichtbar. Und da gibt es für die Künstler und die Politiker viel zu tun.

Thomas Lachat, Bieler Stadtratspräsident und Schulleiter

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